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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 23.05.2002
Aktenzeichen: 5 U 133/01
Rechtsgebiete: EGBGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

EGBGB §§ 11 ff.
EGBGB § 11 Abs. 1
EGBGB § 11 Abs. 3
EGBGB § 12 Abs. 3
EGBGB § 11 Abs. 2 Satz 2
EGBGB § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c
ZPO § 62
ZPO § 93
ZPO § 711
ZPO § 543 n.F.
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 100 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
GKG § 12 Abs. 1
GKG § 14 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 133/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 23. Mai 2002

verkündet am 23. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kühnholz, den Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt sowie den Richter am Oberlandesgericht Dr. Matthiessen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten zu 1. wird das am 31. Mai 2001 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - Az. 5 O 260/00 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, ihren Miteigentumsanteil von 1/6, die Beklagten zu 3., 4. und 5. werden verurteilt, ihren Miteigentumsanteil von jeweils 1/18 an den Grundstücken

- der Gemarkung Ha. eingetragen im Grundbuch von Ha. sowie

- Gemarkung Hi. eingetragen im Grundbuch von T.

unentgeltlich an den Kläger aufzulassen und die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt aufgeteilt:

Von den Gerichtskosten haben der Kläger 5/6 und die Beklagte zu 2. 1/6 zu tragen. Dem Kläger werden die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1., 3., 4., 5. und 6. auferlegt. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers hat die Beklagte zu 2. 1/6 zu tragen. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1. vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 4.260,77 € festgesetzt.

Tatbestand:

Das klagende Land (im Folgenden: "der Kläger") begehrt die unentgeltliche Auflassung von Miteigentumsanteilen an zwei Grundstücken nach den Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform in Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB.

Im Grundbuch von Ha. sowie im Grundbuch von T. ist der Schmiedemeister K K. Eigentümer der Grundstücke Gemarkung Ha. sowie Gemarkung Hi. eingetragen. Bei beiden Grundstücken handelt es sich um Ackerland. Beide Grundstücke waren zunächst auf dem Grundbuchblatt Hi., später T., Band , Blatt als laufende Nummern 15 und 16 unter den seinerzeitigen Flurbezeichnungen Hi. sowie Ha. verzeichnet. Als Grund des Erwerbs des Schmiedemeisters K K enthält das Grundbuch in Abt. I Spalte 3 zu lfd. Nr. 15 und 16 jeweils folgenden Vermerk: "In Ausführung der Anliegersiedlungssache Hi. H 27 im Zuge der Bodenreformaufteilung, als im Aufteilungsobjekt B. liegend, vermessen und zugeteilt.

Eingetragen am 24. Juni 1947/28. Juli 1947."

Ferner finden sich zu den laufenden Nummern 15 und 16 in Abteilung II des geschlossenen alten Grundbuchs Vermerke, nach denen die Grundstücke nach Art. VI Ziff. 1 der Verordnung vom 6. September 1945 weder ganz noch teilweise veräußert, verpachtet oder verpfändet werden durften. Diese Bodenreformvermerke wurden am 03.11.1995 gelöscht, das aktuelle Grundbuch enthält einen entsprechenden Löschungsvermerk.

Herr K K. erhielt im Rahmen der Bodenreform mit Urkunde vom 1. April 1946 ein anderes Grundstück im Umfang von 2,75 ha aus der Bodenreform zugewiesen. Dieses wurde später nach Feinvermessung als Flur 12, Flurstücke 78 und 113 mit einer Gesamtgröße von 2,7397 ha im Grundbuch von Hi. Band Blatt unter der laufenden Nummer 13 eingetragen. Zu diesem Grundstück wurde folgender Erwerbsgrund eingetragen: "Auf Grund des am 27. September 1946 durch die Kreiskommission zur Ausführung der Bodenreform in T. bestätigten Aufteilungsprotokolls der Gemeindekommission Hi. eingetragen am 15. Oktober 1946."

Unter dem 16. Dezember 1957 beantragte Herr K K. die Löschung des Bodenreformvermerks hinsichtlich der Flurstücke 86 und 148 (Bl. 97 d.A.).

Ausweislich der Grundakten von T. Blatt beantragte der Rat des Kreises T., Abteilung Land- und Forstwirtschaft, Bodenrecht und Bodenordnung mit Schreiben vom 3. Januar 1958 die Löschung der in Abteilung II eingetragenen Sperrvermerke der Bodenreform, soweit diese sich auf die Flure Nr. von Hi. und 2 Nr. 28 von Ha. beziehen (Bl. 65 der alten Grundakte zu Blatt 68). Zur Begründung wurde dort ausgeführt, der Bauer K K. habe im Jahre 1944 vom damaligen Großgrundbesitzer M B. Land im Wege eines Siedlungsverfahrens erworben. Dieses Verfahren habe durch die Kriegsereignisse nicht mehr zu Ende geführt werden können. Der Kaufpreis in Höhe von 6.000,00 DM sei bezahlt worden. Die grundbuchamtliche Umschreibung habe damals nicht durchgeführt werden können, so dass die gesiedelten Grundstücke zusammen mit dem übrigen Besitz in den Bodenfonds überführt worden seien. Der Sperrvermerk in Abteilung II sei nicht mehr gerechtfertigt und daher zu löschen. Hierzu kam es in der Folgezeit aus ungeklärten Gründen nicht.

Herr K K. verstarb am 6. November 1979 und wurde durch seine Ehefrau A K., geborene K., sowie die Beklagten zu 1. und 6. sowie Herrn H K. zu je 1/4 beerbt. Frau A K. verstarb am 29. Dezember 1980 und wurde durch ihre Kinder, die Beklagten zu 1. und 6. und Herrn H K. zu je 1/3 beerbt. Die Erbschaft nach A K. schlug die Beklagte zu 6. durch Erklärung vom 22. Juni 1981 formunwirksam aus. Herr H K. verstarb am 25. April 1997 und wurde durch die Beklagte zu 2. zu 1/ 2 und die Beklagten zu 3. - 5. zu je 1/6 beerbt.

Durch Schreiben vom 21. April 1999 an die Beklagten zu 1. und 2. forderte der Kläger diese auf, ihre Zuteilungsfähigkeit hinsichtlich der Grundstücke nachzuweisen.

Der Beklagte zu 1. hat keine, eine Zuteilungsfähigkeit nach Art. § 12 Abs. 3 EGBGB rechtfertigende Tätigkeit in der Landwirtschaft ausgeübt.

Nachdem der Kläger zunächst von den Beklagten zu 1. und 5. die unentgeltliche Auflassung der im Klageantrag bezeichneten Grundstücke begehrt hatte, hat er die Klage sodann auf die Beklagte zu 6. erweitert. Durch Schriftsatz vom 2. März 2001 hat der Kläger sodann die Klage auf Auflassung der jeweiligen Miteigentumsanteile durch die Beklagten umgestellt.

Er hat die Klage gegen die Beklagte zu 6. später zurückgenommen. Die Beklagten zu 2., 3., 4. und 5. haben den Klageantrag zunächst schriftsätzlich und sodann in der mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2001 anerkannt, die Beklagten zu 3., 4. und 5. unter Verwahrung gegen die Kostenlast.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bei den streitgegenständlichen Grundstücken handele es sich um Bodenreformland. Auch der Beklagte zu 1. sei daher zur unentgeltlichen Auflassung seines Miteigentumsanteils von 1/3 verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu 1. zu verurteilen, seinen Miteigentumsanteil von 1/3, die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihren Miteigentumsanteil von 1/6 und die Beklagten zu 3., 4. und 5. zu verurteilen, ihren Miteigentumsanteil von je 1/18 an den Grundstücken

- Gemarkung Ha. eingetragen im Grundbuch von Ha. Blatt , sowie

- Gemarkung Hi., eingetragen im Grundbuch von T. Blatt

unentgeltlich an ihn, den Kläger, aufzulassen und seine Eintragung als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.

Der Beklagte zu 1. hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, bei den streitgegenständlichen Grundstücken handele es sich nicht um Bodenreformland. Hierzu hat er behauptet, die Flurstücke seien nicht im Rahmen der Bodenreform übertragen worden, sondern durch K K. zuvor im Jahr 1942 als Anliegersiedlung erworben worden. Die Zuteilung sei bereits durch das Kulturamt gegen eine Zahlung in Höhe von 6.000,00 RM erfolgt. Die Flächen hätten zuvor im Eigentum des Bauern M B. gestanden, welcher zu diesem Zweck enteignet worden sei. Der Beklagte zu 1. hat hierzu auf den parallelen Fall des Landwirtes K D. hingewiesen, dessen ebenfalls aus der Enteignung B erworbenes Land aus der Bodenreformhaft entlassen worden sei. Dass es sich nicht um Bodenreformland handele, ergebe sich auch aus der Formulierung zum Grund der Eigentumsumschreibung.

Das Landgericht hat den Beklagten zu 1. sowie auf ihr Anerkenntnis hin die Beklagten zu 2. bis 5. antragsgemäß zur Auflassung ihres Miteigentumsanteils verurteilt. Zur Begründung der Verurteilung des Beklagten zu 1. hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die streitgegenständlichen Grundstücke den Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform gem. Art/233 §§ 11 ff. EGBGB unterlägen. Diese Vorschriften stellten nach der Vorstellung des Gesetzgebers allein auf die Grundbuchlage ab. Beide Grundstücke seien als Bodenreformgrundstücke gekennzeichnet, wenn auch die Formulierung insoweit von der sonst üblichen abweiche. Maßgeblich sei, dass die Zuteilung der Grundstücke "im Zuge der Bodenreformaufteilung" erfolgt sei. Die Grundstücke seien im Rahmen der Bodenreform auch nicht nur vermessen, sondern zugeteilt worden. Ferner spreche für die Qualifizierung als Bodenreformland der Vermerk in Abteilung II des Grundbuches. Der Hintergrund für die Zuteilung aus dem Bodenfonds werde durch das Schreiben des Rates des Kreises T. vom 3. Januar 1958 beleuchtet. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Grundstücke wegen der nicht mehr vollzogenen Übertragung an K K. in die Bodenreform gefallen seien.

Gegen dieses, ihm am 11. Juni 2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte zu 1. durch am 11. Juli 2001 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er durch am Montag, dem 13. August 2001 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte zu 1. sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seiner dortigen Ausführungen weiter. Er ist der Auffassung, Art. 233 § 11 EGBGB stelle nicht auf den so genannten Sperrvermerk im Grundbuch ab, sondern auf den Vermerk als Grund des Erwerbs in Abteilung I, Spalte 3 des Grundbuchs. Dort sei vorliegend jedoch Bezug auf die Anliegersiedlungssache Hi. H 27 genommen worden. Selbst wenn man jedoch auf den Bodenreformsperrvermerk abstellen wollte, könne Art. 233 § 11 Abs. 1 EGBGB nicht als eigenständiger Enteignungstatbestand angesehen werden. Die Vorschrift sei vielmehr verfassungskonform auszulegen. Sie könne sich nicht auf eine willkürliche oder irrtümliche Stempelung des Bodenreformsperrvermerkes beziehen. Auch aus dem Schreiben des Rates des Kreises T. ergebe sich, dass eine Löschung des Bodenreformsperrvermerkes vorgesehen gewesen sei, die lediglich an der "Indolenz" der DDR-Organe gescheitert sei. Demgegenüber sei in der Parallelsache D. der Bodenreformsperrvermerk gelöscht worden. Auch im vorliegenden Fall gebe es kein Indiz dafür, dass die gesamte Fläche des Voreigentümers M B. sich vorübergehend im Bodenfonds befunden habe. Unter Anwendung des Nachzeichnungsgrundsatzes müssten daher auch die Streitgegenstand liehen Flächen aus der Bodenreformhaft entlassen werden. Im Ergebnis sei im Jahre 1947 auch lediglich der bereits vor 1945 angebahnte Eigentumswechsel grundbuchlich vollzogen worden.

Der Beklagte zu 1. beantragt,

unter teilweiser Änderung des am 31. Mai 2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Neuruppin zum Aktenzeichen 5 O 260/00 die Klage abzuweisen, soweit er, der Beklagte zu L, verurteilt wird, seinen Miteigentumsanteil von 1/3 an den Grundstücken Gemarkung Ha. , und Gemarkung Hi. , unentgeltlich an den Kläger aufzulassen und die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.

Der Kläger beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Maßgeblich sei allein das Vorhandensein eines Bodenreformsperrvermerkes im Grundbuch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Parteien Bezug genommen, insbesondere auf die Berufungsbegründung vom 13. August 2001 (Bl. 214 ff. d.A,) und die Berufungserwiderung vom 14. Dezember 2001 (Bl. 224 ff. d.A.).

Der Senat hat die Grundakten von T. Blatt 1318 und 1964 sowie von Ha. Blatt 274 zu Informationszwecken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten zu 1. ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Der Senat hat über die Berufung nach dem vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses am 1. Januar 2002 geltenden Berufungsrecht zu entscheiden, da die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene erstinstanzliche Urteil ergangen ist, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO).

Die Beklagten zu 2. - 5. waren am Berufungsverfahren nicht zu beteiligen, da die Klage auf Auflassung einzelner Miteigentumsanteile keine notwendige Streitgenossenschaft gemäß § 62 ZPO der übrigen Bruchteilseigentümer i.S.d. Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 2 EGBGB zur Folge hat. Das gegen sie ergangene Urteil ist mithin mit Ablauf der Berufungsfrist - mit Ausnahme der von Amts wegen zu überprüfenden Kostenentscheidung - in Rechtskraft erwachsen.

II.

In der Sache hat die Berufung des Beklagten zu 1. in vollem Umfang Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht den Beklagten zu 1. zur unentgeltlichen Auflassung seines Miteigentumsanteils an den streitgegenständlichen Grundstücken verurteilt. Ein solcher Ansprach ergibt sich weder aus Art. 233 § 11 Abs. 3 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB noch unter einem sonstigen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt.

Bei den im Klageantrag näher bezeichneten Grundstücken handelt es sich nicht um Grundstücke aus der Bodenreform im Rechtssinne, so dass auf diese die Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform in Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB nicht anwendbar sind.

Wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt, ist für die Beurteilung der Anwendbarkeit der Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform regelmäßig auf die formale Kennzeichnung im Grundbuch abzustellen. Dies entspricht der am klaren Wortlaut der Vorschrift des Art. 233 § 11 Abs. 1 EGBGB orientierten Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 20. September 1996 - V ZR 119/95 - DtZ 1997, 58, 59), der auch der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung folgt. Allein die Grundbuchlage bietet nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers die nötige und klare Anknüpfung. Eine Überprüfung, ob eine Enteignung im Rahmen der Bodenreform oder eine Zuteilung nach damaligen Vorstellungen zu Recht erfolgt ist, kann und soll hiernach regelmäßig nicht erfolgen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Senats auch dann, wenn vor der Übertragung im Rahmen der Bodenreform der danach Berechtigte bereits einen schuldrechtlichen Übereignungsanspruch gegen den im Zuge der Bodenreform enteigneten Großgrundbesitzer besessen hat, der vor der Bodenreform im Grundbuch nicht mehr vollzogen werden konnte (vgl. Beschluss des Senats vom 11. April 2002 zur Ablehnung der Prozesskostenhilfe - 5 U 207/01). Auch in einem solchen Fall war das noch im Eigentum des Großgrundbesitzers stehende Grundstück Gegenstand der Bodenreform, der Zuteilung an den bereits zuvor schuldrechtlich Berechtigten lag eine eigenständige Entscheidung der Behörden zugrunde.

Anders ist die Rechtslage jedoch dann zu beurteilen, wenn der Grundbucheintragung selbst zu entnehmen ist, dass der Übertragung eines Grundstücks ein anderer Rechtsgrund als die Zuweisung im Rahmen der Bodenreform zugrunde lag, mag sich das Grundstück auch zwischenzeitlich im Bodenfonds und damit in der Verfügungsbefugnis der Bodenreformkommission befunden haben. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn auch aus den Grundakten ersichtlich ist, dass die gleichwohl vorgenommene Eintragung eines Bodenreformsperrvermerks nicht gerechtfertigt war und die Behörden der DDR dessen Löschung beantragt haben.

Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB beabsichtigen eine Nachzeichnung der DDR-Bodenreformvorschriften (BT-Drucks 12/2480, S. 83 f). Grundstücke, die im Rahmen der Bodenreform unter dem einschränkenden Rechtsregime der DDR-Besitzwechselverordnungen zugewiesen worden sind, sollen nur dann im unbeschränkten Volleigentum eines Erben des Bodenreformeigentümers verbleiben, wenn dieser nach dem damaligen Rechtsverständnis zuteilungsfähig gewesen wäre und er das Grundstück mithin bei ordnungsgemäßer Anwendung der Vorschriften durch die DDR-Behörden hätte behalten dürfen. Diese pauschalierte Nachzeichnung setzt jedoch voraus, dass es sich um ein Grundstück aus der Bodenreform handelt und die Zuteilung an den ursprünglichen Bodenreformeigentümer aufgrund einer Entscheidung der zur Durchführung der Bodenreform in der SBZ eingesetzten Behörde erfolgt ist. Dies wird regelmäßig durch den Bodenreformsperrvermerk in Abteilung II und den Vermerk in Abteilung I zum Grunde der Eintragung, gemeinhin durch Bezugnahme auf die Zuweisungsentscheidung der Bodenreformkommission, dokumentiert. Diese Grundbuchlage muss - wie ausgeführt - nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers bereits aus Gründen der Praktikabilität maßgeblich sein. Ist aber die Grundbucheintragung selbst in einer Weise widersprüchlich, dass als Grund der Eigentumsumschreibung ausdrücklich ein anderer Erwerbsgrund als die Zuweisung im Rahmen der Bodenreform genannt wird, der Bodenreformsperrvermerk aber gleichwohl gestempelt worden ist, so heben sich diese widerstreitenden Grundbucheintragungen gegenseitig auf. Wurde das Grundstück danach nicht im Rahmen der Bodenreform zugewiesen, bedarf es einer Nachzeichnung der DDR-Bodenreformvorschriften nicht.

So liegt der Fall hier nach dem Inhalt der zu Informationszwecken beigezogenen Grundakten von T. Blatt , vormals Hi. ,Band , Blatt , der zwischen den Parteien jedenfalls zuletzt auch nicht im Streit steht. Bei den streitgegenständlichen Grundstücken wurde in Abteilung II zwar ein Bodenreformsperrvermerk gestempelt. Als Grund des Erwerbs in Abteilung I Spalte 3 zu den laufenden Nummern 15 und 16 nennt das Grundbuch jedoch ausdrücklich die Ausführung der Anliegersiedlungssache Hi. H 27. Hierdurch ist hinreichend dokumentiert, dass keine eigenständige Zuweisungsentscheidung durch die Bodenreformkommission erfolgte, sondern lediglich anlässlich der Bodenreformaufteilung die vorangegangene Anliegersiedlungssache, die nach dem Schreiben des Kulturamtes P. vom 6. Mai 1942 eine Übertragung des streitgegenständlichen Grundstücks an Herrn K K. gegen ein Entgelt zum Inhalt hatte, im Grundbuch vollzogen werden sollte.

Dieses Ergebnis wird vorliegend durch das spätere Tätigwerden der DDR-Behörden zur Löschung des Sperrvermerks bestätigt. Die mangelnde Rechtfertigung für den Bodenreformsperrvermerk wurde vom Rat des Kreises T. im Schreiben vom 3. Januar 1958 (Blatt 65 der Grundakten Hi. Band III, Blatt 68) erkannt und daher die Löschung des Vermerks beantragt und bewilligt. Warum diesem Antrag nicht entsprochen worden ist, lässt sich den Grundakten nicht entnehmen. Bei dieser Sachlage sieht der Senat keine Rechtfertigung, dem Kläger in Nachzeichnung der auch nach Auffassung der DDR-Behörden nicht anwendbaren Bodenreformvorschriften einen Auflassungsanspruch gegen den Beklagten zu 1. zuzusprechen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 93, 100 Abs. 2 ZPO. Die Kostenverteilung in erster Instanz war auch hinsichtlich der Beklagten zu 2. von Amts wegen zu ändern (vgl. zur Zulässigkeit die Nachweise bei Zöller-Herget, ZPO, 22. Auflage, § 97 Rdnr. 6). Das Landgericht hat bei seiner Kostenentscheidung übersehen, dass die Beklagte zu 2. Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, da sie auf das Anspruchsschreiben des Klägers vom 21. April 1999 nicht in zureichender Weise durch vorgerichtliche Anerkennung des - vermeintlichen - Auflassungsanspruchs reagiert hat, und aus diesem Grunde auch die Auferlegung der Kosten auf den Kläger nicht beantragt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Über die Zulassung der Revision hat der Senat gemäß § 543 ZPO n.F. entschieden. Für die Revision gelten bereits die Vorschriften des Gesetzes über die Reform des Zivilprozesses, wenn die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht - wie hier - nach dem 3. Dezember 2001 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 7 EGZPO). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor. Die Frage, ob ein Grundstück trotz des Vorhandenseins eines Bodenreformsperrvermerks nicht vom Anwendungsbereich des Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB erfasst wird, besitzt grundsätzliche Bedeutung.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GKG i.V.m. § 6 ZPO.

Ende der Entscheidung

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